Am vierten Tag ging es endlich zum Ausgangspunkt der Trekking-Tour. Eine längere Bootsfahrt, je nach Eislage 1-3 Stunden, brachte uns in den Semilik-Fjord zum Fischerdorf Tinit. Abfahrt sollte gegen 13 Uhr sein. Wie gesagt sollte, aber das Verschob sich um mehrere Stunden, da ein Flieger in Kulusuk auf Grund des Nebels nicht landen konnte, verschoben sich alle Zeitpläne. Das sollten wir hier auch noch lernen: das Wetter und das Eis machen die Zeitpläne nicht der Mensch! So saßen wir auf unseren gepackten sieben Sachen und warteten auf die Boote. Wir nutzten die Zeit für ein weiteres Eis bei strahlendem Sonnenschein.
Während unserer Wartezeit bekamen wir aber auch die unschönen Seiten des Tourismus zu sehen: ein kleineres Kreuzfahrtschiff machte in der Bucht von Tasiilaq halt. Die Touristen wurden kurz abgesetzt und drehten eine Runde im Dorf bevor sie wieder weiter fuhren. Ein Tourismus der ökologisch stark zu hinterfragen ist und auch den Einheimischen kaum Einnahmen beschert.
Die Bootsfahrt machte aber das Warten wett. Nachdem wir vom Polarstrom in den Semilik-Fjord einbogen erwarteten uns Maßen an Eis. Durch den stark kalbenden Helheim-Gletscher am Ende des Fjords und zahlreichen weiteren Gletschern wird der Fjord stark mit Eisbergen versorgt. Je nach Wetterlage ist das Eis hier so dicht, dass kein Durchkommen mit den Booten besteht. Ein Risiko für die Versorgung und den Transport für die Camp-Ausstattung währende des Trekkings. Die Bootsführer steuerten mit einem hohen Tempo aber mit Können die Boote zwischen den riesigen und kleinen Eisbergen bis nach Tinit. Auf der zweistündigen Fahrt genossen wir die atemberaubende Szenerie die an uns vorbeizog.
in Tinit schlugen wir für die nächsten zwei Nächte unser Camp direkt am Ufer des Fjords auf. Hier gab es auch eine weitere Neuerung , die zu einer Wildnis-Trekking-Tour dazu gehört: das Loch. Als Toilette diente uns allen ein einfaches Erdloch, dass wir etwas abseits des Camps aushoben und dann gemeinsam füllten.
An diesem Abend war Volker, Angelika und ich das erste mal mit dem Zubereiten des Abendessens dran. Da ich bisher nie mit Trockengemüße und dergleichen und gleichzeitig in der Menge für 15 Personen gekocht hatte, war das eine völlig neue Erfahrung für mich. Aber mit der Unterstützung von Dirk bekamen wir doch ein ganz passables Essen zusammen. Zum Glück!
Bevor uns unsere Trekking-Tour entlang des Semilik-Fjords führte, gingen wir am 5. Tag auf den Hausberg von Tinit. Dabei konnten wir bereits wunderbare Blicke über den mit Eisschollen gefüllten Fjord erhaschen bis hinüber auf das Inlandeis am anderem Ufer. Bei strahlendem Sonnenschein konnten wir so im T-Shirt den Berg erklimmen. Auf dem Rückweg nutzten wir eine mittlerweile von der Sonne etwas aufgewärmte Gumpe für ein Bad. Auch wenn das Wasser dennoch sehr kalt war, war es ein sehr erfrischendes Erlebnis.
Da meine Mitreisenden in der Regel bis 21 Uhr ins Bett gingen nutzte ich die Abendstunden um die Landschaft in Ruhe zu genießen und auf mich wirken zu lassen. So hatte ich auch die Möglichkeit das gute Licht für meine Fotografie zu nutzen. Die Sonne ging nur kurz unter, so dass wir die ganze Nacht über Tageslicht hatten aber dennoch einen Sonnenuntergang zu später Stunde gleich gefolgt vom Sonnenaufgang.
Am 6. Tag ging es dann aber wirklich los entlang des Fjords. In der Früh hieß es, nach dem Frühstück, Lager abbauen und alles zum Verladen auf den Booten am Ufer zu positionieren.
Kurz nach dem Aufbruch konnten wir noch einen kleinen Blick auf einen Wal, der sich im Fjord tummelte, erhaschen. Anschließend ging es über den Berg in ein Tal, dass uns etwas landeinwärts zu unserem Camp an einem Seitenarm des Semilik-Fjords führte. Wege sucht man hier vergebens. Es gibt nur einzelne Trampelpfade an stellen an denen es definitiv keine andere Route gibt, ansonsten muss man sich seinen Weg querfeldein suchen und nach den besten Stellen suchen. Unser Führer Dirk ist die Strecke die Wochen zuvor selbst das erste mal gegangen und kannte so das Gelände und fand so für die Gruppe den einfachsten Pfad.
Schon bei der ersten Etappe mussten wir feststellen, dass unsere Gehzeiten gut 1 bis 2 Stunden über den geplanten durchschnittlichen Zeiten lagen, wodurch wir unsere Lagerplätze relativ spät erreichten. Dies dürfte nach meinem Empfinden durchaus der großen Gruppengröße geschuldet sein. Im Nachgang würde ich die Gruppe auf maximal 10 Teilnehmer beschränken. Aber auch der teilweise schwierige Untergrund verlangte einiges von uns ab, so führte uns der Weg durch felsiges Gebiet, loses und scharfkantiges Geröll und durch moorige Gebiete. Die schroffe Landschaft glich teilweise hochalpinen Gelände. Diese Konditionen dürften für alle neu gewesen sein und wurden eventuell auch teilweise unterschätzt.
Achtung Eisbären!
Ab jetzt gab es nicht nur Schichten fürs Kochen, sondern auch für die Eisbärenwache bei Nacht. Da wir uns abseits von Orten befanden bestand die reale Gefahr von Eibärenbegegnungen, mit denen wirklich nicht zu Spaßen ist. Aus diesem Grund führte Dirk immer ein Gewehr mit sich, wenn wir Ortschaften verließen. Abends und Morgens holte er zudem via Satellitentelefon die neusten Informationen zur Lage des Eis und zu den Eisbärensichtungen von Jägern ein. In der Nacht sicherten wir unser Camp mit einem Bärenzaun, der uns durch eine Sirene warnen sollte, wenn ein Bär den Zaun berührt. Mit Hilfe unserer Wanderstöcke spannten wir hierzu eine Angelschnur um die Zelte. Dies war aber nur der Backup, sollte die Nachtwache versagen. So hieß es also für uns in 2-Stunden-Schichten Nachtwache zu halten. Diese Schichten übernahmen wir größtenteils zu zweit und konnten so die Zeit gut totschlagen. Ich nutze die Zeit auch zum Fotografieren.
Auf Grund der Eisbärengefahr konnte ich mich leider auch nicht vom Camp zum Fotografieren entfernen, was die Möglichkeiten deutlich eingeschränkt hat. Dennoch bot mir die Landschaft auch so super Motive.
Wildnis-Trekking: die Natur bestimmt. Warum wir fest sitzen lest ihr im nächsten Teil.