Da es nach Ostgrönland keinen Direktflug von Europa aus gibt, führte mich meine Anreise von München aus nach Reykjavik in Island. Bereits am Flughafen in München traf ich Jochen, den ersten Mitreisenden für unsere Grönland „Expedition“. Am Flughafen in Reykjavik trafen wir dann auf den Rest unserer Gruppe. Insgesamt waren unsere 14-köpfige Reisegruppe gut gemischt, so bestand sie aus 4 Männern und 10 Frauen im Alter von 29 bis 60+. Im ganzen Reiseverlauf stellte sich das im Großen und Ganzen als recht guten Mix dar.
Unter den dort Wartenden war auch Käte, die ich bereits von meiner Trekking-Tour in Irland im April dieses Jahres kannte. Das ist wirklich eine witzige Geschichte: Wir sind uns damals zufällig auf dem Wicklow Way über den Weg gelaufen und haben festgestellt, dass wir beide die selbe Reise im Juli unternehmen. Was ein Zufall! So war es schön ein bekanntes Gesicht unter den Mitreisenden zu wissen und darüber hinaus auch in meinem Alter.
Island empfing uns alle mit kaltem tristen Regenwetter. Nach einer Nacht auf dem Campingplatz, ging es am nächsten Morgen mit einer Propeller-Maschine vom Stadtflughafen Reykjaviks aus nach Kulusuk. Der Flug dauert in etwa 2 Stunden, genau die Zeitverschiebung zwischen Start und Ziel. Wie angenehm!
Schon beim Anflug bekommt man die ersten Eindrücke von Grönland: im Meer treibende Eisberge, die Bergketten durchsetzt von Fjorden, kein Hinweis auf Zivilisation. Wir landeten auf einer Schotterpiste in Kulusuk. Der Flughafen ist ein ehemaliger US-Airforce Stützpunkt und hat nur ein winziges Flughafengebäude. Grönland nahm uns mit stehlendem Sonnenschein in Empfang und verstreute somit unsere ersten Sorgen wir könnten weiter mit Regen wie in Island kämpfen. Ohne irgendeine Einreiseprozedur zu durchlaufen passierten wir das Terminal und unser Reiseleiter Dirk nahm uns in Empfang. Die Gepäckausgabe erfolgt auch ganz pragmatisch: Die Palette mit dem Gepäck wird vor dem Flughafengebäude abgestellt und jeder kann sich einfach sein Gepäck raus suchen.
Unser Camp befand sich im etwa 23km entfernten Tasiilaq, der größte Ort Ost-Grönlands mit ca. 2000 Einwohnern. Einziges Transportmittel dorthin Boot oder Hubschrauber. Straßen gibt es zwischen den Siedlungen hier praktisch nicht. Wir nahmen das Boot und mussten daher unser Gepäck gut 1km zum Bootsanleger tragen. Da jedoch eine weitere Reisegruppe mit uns ankam, wurde diese zuerst transportiert, somit mussten wir etwa 3 Stunden auf den nächsten Transfer warten. Wir nutzten die Zeit und wanderten zum Ort Kulusuk, um uns einen ersten Eindruck zu verschaffen.
Hier sahen wir bereits die einfachen Lebensbedingung der Inuit in ihren sehr einfach wirkenden Holzhäusern. Gleichzeitig gab es eine modern wirkende Schule, die den Einfluss und Bemühungen Dänemarks auf das Bildungs- und Sozialwesen in Grönland zeigt.
Der Bootstransfer nach Tasiilaq war gleich mit den erstem Highlight verbunden. In den offenen Booten, in denen maximal 6 Passagiere Platz hatten, passierten wir riesigen Eisberge von gut 20m Höhe. Bilder die man sonst nur aus den Medien kennt und jetzt ist man selbst mitten drin. Unser Bootsführer machte extra langsam und fuhr nah an den Eisberg heran, damit wir diesen Eindruck auf uns wirken lassen konnten. Aber keine Sorge, das sollte nicht der einzige Eisberg auf unserer Reise sein.
Am Campingplatz in Tasiilaq errichteten wir unser unser Camp. Wobei man hier unter Campingplatz nicht das verstehen darf, was wir in Europa unter Campingplatz verstehen. Sanitäre Einrichtungen braucht man hier neben Dixi-Klos nicht zu erwarten. Wer sich waschen will muss mit dem Meer vorlieb nehmen oder das örtliche Waschhaus aufsuchen, welches aber sehr ungünstige Öffnungszeiten hat. Somit war die Dusche auf dem Campingplatz in Reykjavik für den Großteil von uns die letzte auf der gesamten Reise. Aber das war es ja, was wir hier gebucht haben, eine Wildnis-Trekking-Tour mit Expeditionscharakter.
In Sichtweite des Campingplatzes lag gleich die Müllhalde, was uns zwar nicht geruchstechnisch aber optisch einen Eindruck eines rießengroßen Problems in der Region vor Augen führte. Der drastische Wandel der Kultur und der damit verbundene Import westlicher Zivilisation in den letzten Jahrzehnten sorgte für ein großes Müll-Problem. Stürme tragen zudem den Müll in die Landschaft rund um Siedlungen.
Wir konnten den Tag auch noch nutzen Tasiilaq zu erkunden und im Supermarkt ein paar Besorgungen zu erledigen und ein Eis zu essen. Ja richtig gehört, Eisessen in Grönland!
Abends sahen wir von unserem Campingplatz aus noch wie Fischer einen frisch gefangenen kleinen Wal am Ufer zerlegten. Die Inuit sind ein Volk von Jägern und nicht im wesentlichen Fischer. Sie jagen Robben, Wale und Eisbären. Da dies jedoch nur zur Deckung des Eigenbedarfs erfolgt und seit jeher ihre Tradition ist, sehe ich hier nichts verwerfliches daran. Hinzu kommt, dass sie ihre Beute restlos verwerten. So hat ein Jäger 24 Stunden nach dem Erlegen zeit seine Beute zu zerlegen, danach darf sich jeder aus dem Dorf an den Resten bedienen.
Erste Schritte in Grönland
Um unsere Ausrüstung zu prüfen, Tasiilaq ist die einzige Möglichkeit noch Ersatzbeschaffungen zu tätigen, und wohl auch um uns besser einschätzen zu können unternahm Dirk eine Tageswanderung mit uns von Tasiilaq aus zum Polarstrom. Auf dieser kurzen Tour bekamen wir einen ersten Eindruck von dem Terrain, dass uns auf der Trekking-Tour erwarten würde. Auch hier stolperten wir immer wieder über den Müll aus dem Ort. Belohnt wurden wir aber mit einer grandiosen Landschaft und den Blick auf den Polarstrom mit einzelnen Eisbergen. Wenn gerade kein kalter Wind ging erlaubte uns der strahlende Sonnenschein im T-Shirt zu wanden. Das perfekte Wetter sollte uns auch den Großteil unserer Reise begleiten.
Der freie Nachmittag war perfekt, um im kleinen Museum von Tasiilaq einen Eindruck von den frührern Lebensbedingungen der Inuit zu bekommen. Wir konnten auch ein Erdhaus besichtigen, In derartigen Häusern lebten die Inuit teilweise noch bis in die 80er Jahre. Die Ost-Küste Grönlands wurde erst wirklich im 20. Jahrhundert erschlossen. Zuvor lebten die Inuit weitestgehend unberührt von der westlichen Zivilisation. Somit wurden sie aber auch in nur 100 Jahren von steinzeitlich anmutenden Lebensverhältnissen in die Neuzeit katapultiert mit all ihren Vor- aber auch Nachteilen.
Nachdem wir gestern noch vom Roten Haus, dem örtlichen Tourismus-Unternehmen, mit Abendessen versorgt wurden, galt ab heute Selbstversorgung. Dazu machten wir Schichtpläne für das Frühstück und Abendessen, damit jeder mal das Kochen übernimmt.
Wie wir am nächsten Tag zum Ausgangspunkt unserer Trekking-Tour gelangt sind lest ihr im nächsten Teil.